18.08.2020
Janosch Felde & Henrik Weitzel

Führen auf Distanz

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Situationen und Herausforderungen, welche häufig thematisiert werden, wenn es um darum geht, die Führungsaufgabe auf Distanz erfolgreich zu meistern und verdeutlicht den Handlungs- und Austauschbedarf in diesem Feld.

 

Zum Autorenteam:

Janosch Felde ist Psychosozialer Berater, Coach und Informatiker. Er hat in Softwareunternehmen und als Personalverantwortlicher des Bereichs Technik die Einführung und Weiterentwicklung agiler Arbeitsweisen begleitet. Dabei hat er intern und extern Führungskräfte begleitet und sie unterstützt mit den Herausforderungen verteilt arbeitender Mitarbeiter und Teams erfolgreich umzugehen.

Henrik Weitzel hat durch Projekterfahrung und als Spezialist für Erwachsenenbildung Erfahrung mit Führungsstrukturen und den damit verbundenen Herausforderungen. Als ausgebildeter Erwachsenenbildner im Schwerpunkt Medienbildung ist er zudem mit den Herausforderungen agiler und digitaler Arbeitsabläufe ausgiebig vertraut.

Kommunikation

Home-Office ist über Nacht quasi zum Standard der westlichen Arbeitswelt geworden. Insbesondere für Führungskräfte, für die dies neu ist, stellt es eine besondere Herausforderung dar. Plötzlich sind Wissen, Ressourcen und Mitarbeiter*innen verteilt. Absprachen und Meetings können zwar schnell auf Video- und Telefonkonferenzen umgestellt werden, aber was ist mit den Führungsaufgaben? 

Viele erleben erstmal Ratlosigkeit und das Gefühl fehlender Kontrolle, manchmal gar Haltlosigkeit, durch den fehlenden Kontakt zu Mitarbeiter*innen, für die sie verantwortlich sind. Vielen Führungskräften fehlen die Instrumente und Methoden und auch die Erfahrung, Mitarbeiter*innen auf Distanz und nur über Medienkontakt zu führen.

Durch die Nutzung von E-Mail, Chat, Videokonferenzen und Telefon ändert sich die Struktur von Kommunikation und Interaktion. Face-to-face Gespräche haben nach wie vor eine andere Wirkung und vielen bereiten die Unterschiede in Zeit und Ablauf Schwierigkeiten.

Besonders, wenn man Anweisungen geben, Ergebnisse kontrollieren oder für Abstimmung sorgen muss oder will. Verantwortlichen fehlen oft Rückversicherungsmöglichkeiten und wichtige Input-Kanäle bzw. gewohnte Möglichkeiten, um sicher zu stellen, dass sie bei ihren Mitarbeiter*innen auch wirklich richtig verstanden wurde. Was in Präsenzsituationen schon eine Herausforderung sein kann wird auf Distanz, bzw. Medienvermittelt oft noch verschärft.

Für Teamgesundheit sorgen

Führungskräfte wollen sicher gehen können, dass ihre Mitarbeiter*innen Motiviert und zufrieden sind. Dafür stellen sie sich die Fragen:

  • Wie geht es meinen Leuten?
  • Wie ist die Stimmung?
  • Wo drückt der Schuh?

Im Präsenz-Alltag gibt es durch zufällige Begegnungen im Vorbeigehen oder über Kanäle durch Dritte, die Informationen die zu einem Eindruck oder ein Gefühl bzgl. einer Antwort auf diese Fragen hinwirken. Finden Begegnungen nur gezielt statt (z.B. über Videcalls, in Online Meetings etc.) fehlen diese Eindrücke.

Wie aber schafft man Ersatzstrukturen? Wie erhält man trotzdem Details und sich ein Bild für die kritischen “weichen Faktoren” in (Arbeits-) Beziehungen auf Distanz machen zu können?

Wie vermeidet man, dass sich Probleme hochschaukeln und erst in der Eskalation erkennbar werden?

Konflikte klären

Im „normalen“ Gespräch gibt es viele Kanäle, die dazu beitragen, dass Konflikte vermieden werden oder sich mit gewohnten und erprobten Mitteln und abschätzbarem Effekt ausräumen lassen. Dazu hat man sich über viele Jahre Handwerkszeug in den unterschiedlichsten sozialen Übungsfeldern angeeignet. Wie aber geht das auf Entfernung und nur am Telefon oder in der Videoschaltung? Wie vermittele ich da gut und förderlich, am besten nachhaltig, zwischen den Konfliktparteien? Und wie gehe ich dabei mit meinem eigenen Empfinden und meiner eigenen Rolle darin um?

Wie gestalte ich die Atmosphäre, wenn ich selber einen Konflikt mit meinen Mitarbeiter*innen habe oder ihnen schlechte Nachrichten überbringen muss? Eine Beziehung am Telefon oder per Kurznachricht zu beenden, gilt als schlechter Stil. Und plötzlich steht man da und muss Abmahnungen aussprechen, andere schlechte Nachrichten oder gar Kündigungen auf diesem Weg überbringen. Nicht im persönlichen face-to-face Gespräch, wo der andere wenigstens meine Betroffenheit spüren kann und ich durch Wärme in der Präsenz Trost spenden kann, sondern per Webex, Zoom, Slack, Whatsapp o.ä.. Wie bekomme ich als Führungskraft es hin, da einen Weg zu finden, der es für die betroffene(n) Person(en), trotz des belastenden Inhalts, möglichts gut erträglich, vielleicht sogar besser, oder angenehmer macht, als wenn wir gemeinsam in einem Büro sitzen würden?

Erreichbarkeit und Abgrenzung

Die Zeit, die wir früher im Büro verbracht haben, verbringen wir jetzt zuhause. Wie schafft man es in der Situation eine klare Abgrenzung zwischen Privatleben und Arbeit zu schaffen? Welche Regelungen treffe ich mit meinen Mitarbeiter*innen, wann ich wo erreichbar bin? Es gibt eine Vielzahl an synchronen und asynchronen Kommunikationswegen, welche die Kommunikation und Erreichbarkeit auf Distanz ermöglichen. Aber welches Medium eignet sich für meine individuelle Situation am besten und wie kommen meine Mitarbeiter*innen damit klar? Der Wunsch für das Team die Verantwortung zu übernehmen und als verlässliche Persönlichkeit zur Verfügung zu stehen, ist nach wie vor präsent. Im Rahmen von mobilem Arbeiten fällt es nur deutlich schwerer diesen Ansprüchen gerecht zu werden und das Gleichgewicht zwischen zu viel und zu wenig Erreichbarkeit zu finden.

Zuverlässigkeit, Verlässlichkeit und Kontrolle

Für viele Mitarbeiter ist der Gedanke, dass man annehmen könnte, sie lägen im Homeoffice auf der faulen Haut, schwer erträglich. So auch für Führungskräfte. Der Dialog dazu ist zudem oft stigmatisiert und mit vielen emotionalen und statusbezogenen Hürden gespickt. Bei der (plötzlichen) Durchsetzung von Home Office gerät dieses (Selbst-) Verständnis aus den Fugen und leicht kommt eine Dynamik in Gang, die Menschen – Mitarbeiter*innen und Führungskräfte – in einen Sog aus Beweisdrang, Kontrollbedürfnis, und innere Zwiespalte stürzt. Arbeitsergebnisse müssen kontrolliert werden. Normalerweise geht man hin, schaut drüber, hilft bei der Konzeption, kommentiert, korrigiert oder verwirft - auf einmal geht das so einfach nicht mehr. Nicht nur ist die sachliche Ausführung von Kontrolle nicht mehr so einfach möglich, die Kommunikation aller damit verbundenen Aspekte wird zum Minenfeld.

Delegieren von Aufgaben

Man kann nicht alle Dinge selbst erledigen. Delegation ist schon im Gespräch eine hohe Kunst. Die Feedbackschleife dazu, wie die Aufgabe, die ich übertragen habe, zu erfüllen ist, wie das Ergebnis aussehen soll, wie ich mir die Rückmeldung dazu vorstelle, wohin der*die Arbeitende sich mit welcher Art von Fragen richten soll, sind wichtige Kommunikationsprozesse. Wie gut oder schlecht das verstanden wurde, darüber entscheidet normalerweise mein Eindruck, die Summe dessen was ich an Wahrnehmungseindrücken von demjenigen sammle, an den ich delegiere. Wie macht man das auf Entfernung so, dass der Aufwand nicht explodiert und ich entweder keinen zeitlichen Gewinn mehr durch die Delegation habe oder das Ergebnis nicht zu dem passt, was ich mir vorgestellt habe?

FAZIT

Viele der Fragen, die wir hier aufgeworfen haben, zeigen Herausforderungen, die im „klassischen“ Büroalltag bereits Fingerspitzengefühl und Übung verlangen. Zugleich sind sie weit verbreitet und viele Lösungsstrategien aus dem klassischen gemeinsamen arbeiten in räumlicher Nähe müssen anders angewandt oder abgewandelt werden. Aus Erfahrung können wir aber sagen, dass es Lösungen und unzählige Gestaltungsmöglichkeiten gibt, die in solchen Situationen weiterhelfen können.

Für detaillierte Infos beraten wir Sie gerne!

Mail: info@perspect-gmbh.de

Telefon: 06421 809385