Arbeitsorganisation gesund gestalten während der CORONA-Pandemie
Wie kann Arbeit so gestaltet werden, dass Infektionen minimiert werden?
27.03.2020 | geschrieben von Agnes Kaminski
Die COVID-19 Pandemie hat inzwischen alle Lebensbereiche erreicht. Unternehmen stellen sich zunehmend die Frage: wie kann ich die Arbeit so organisieren, dass ich der Fürsorgepflicht für meine Mitarbeitenden gerecht werde und die Ansteckungsgefahr im Unternehmen reduziere aber trotzdem Tätigkeiten ausgeführt werden können.
Ich versuche Ihnen dazu einfache und bewährte Ideen aufzuzeigen.
Zur Autorin: Agnes Kaminski ist Gesundheitswissenschaftlerin und Beraterin in den Bereichen Gesund Arbeiten, Führung und Personalbefragung sowie unsere Expertin zur Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung.
Es gilt, das Alltagsleben und damit auch unternehmerische Tätigkeiten und Arbeitsabläufe so zu organisieren, dass soziale Kontakte auf ein Minimum reduziert werden. Davon versprechen sich die Experten, dass die zu erwartende Erkrankungswelle aufgrund von Covid-19-Infektionen sich über einen längeren Zeitraum ausdehnen wird und nicht zum gleichen Zeitpunkt sehr viele Menschen erkranken.
Das öffentliche Leben wurde und wird weiter eingeschränkt werden, wie z.B. die Schließung von Schulen und Museen oder die Absage von Veranstaltungen. Bei den Unternehmen können nicht einheitliche Regelungen für alle getroffen werden: jede Organisation ist für sich selbst verantwortlich, entsprechende Maßnahmen zu treffen.
Die Maßnahmen hängen stark von den Tätigkeiten der Organisation ab.
Am Einfachsten ist es, wenn die Aufgaben auch außerhalb des Unternehmens im Homeoffice erledigt werden können. Doch auch hier gilt es, neue Regeln und Wege in der Kommunikation untereinander zu finden.
Produzierende Tätigkeiten oder Dienstleistungen erfordern die Anwesenheit der Beschäftigten im Betrieb. Aber auch hier lassen sich durch Veränderungen in der Arbeitsorganisation die Kontakte der Mitarbeitenden untereinander deutlich reduzieren und damit auch das Risiko, dass zeitgleich alle Mitarbeitenden krank werden.
Das Ziel aller Bemühungen ist es, eine Verlangsamung der Krankheitsausbreitung zu erzielen d.h. die Inzidenz (Anzahl der Neuerkrankungen im Beobachtungszeitraum) zu verringern, so dass unser Gesundheitssystem nicht zusammenbricht. Dazu gehört, dass die beeinflussbaren Risikofaktoren reduziert werden, und zwar in diesem Fall, insbesondere die Häufigkeit der sozialen Kontakte.
Die Krankheitsausbreitung lässt sich dadurch nicht vermeiden. Erst wenn sich ca. 70% der Bevölkerung angesteckt haben, wurde eine so große Immunität aufgebaut, dass sich die Krankheit nicht weiter ausbreitet – so die Meinung von Experten (Christian Drosten, Chef-Virologe an der Berliner Charité, bei Focus Online am 16.3.2020).

Ihr Vorgehen im Unternehmen:
- Information der Beschäftigten
Im Rahmen der Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber seine Mitarbeitenden über das Risiko der Ansteckungsgefahr informieren und die zu ergreifenden Maßnahmen erläutern.
- Tipp: Machen Sie daraus eine kurze Schulung bzw. eine Unterweisung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung: Übertragung eines gefährlichen Biostoffs (Covid-19) durch Kollegen- und Kundenkontakten. Gerne senden wir Ihnen dafür ein Formblatt.
- Hygiene
- Allgemeine hygienische Maßnahmen: häufiges und richtiges Händewaschen mit Seife, Niesen in die Armbeuge, Händeschütteln vermeiden, Türgriffe möglichst nicht mit den Händen anfassen ggf. regelmäßig desinfizieren, Einmaltaschentücher verwenden und sofort entsorgen
- Häufigeres Lüften, Stoß-Lüften
- Speziellere hygienische Maßnahmen:
- Tastaturen desinfizieren und personifizierten
- Arbeitsmaterialien, die in die Hand genommen werden müssen (Werkzeuge) vor und nach Gebrauch desinfizieren
- Bei Kundenkontakten am Empfang / Schalter: Vorrichtung zur Abschirmung (Scheibe, Vorhang) anbringen
- Mundschutz und Handschuhe anlegen, wenn erforderlich
- Tipp: Hygiene- und Lüftungsplan könnten sinnvoll sein. Darin sollte klar geregelt werden, wer wofür zuständig
Wie aber soziale Kontakte im Betrieb vermeiden?
Den Betrieb zumachen, wie das bei Schulen, Kindergärten oder Museen aufgrund staatlicher Anordnungen passiert ist, kann ein Unternehmen vielleicht nur in ganz wenigen Fällen. Es gilt zumindest einen Not-Betrieb aufrecht zu halten, damit nicht die Wirtschaft total zum Erliegen kommt. Zudem brauchen wir viele Produkte und Dienstleistungen für unser tägliches Leben wie Medikamente oder Lebensmittel.
Ich habe Ihnen einige erprobte Maßnahmen zusammengestellt, die als Ideengeber dienen. Passen Sie diese gern dann noch an Ihre Arbeitssituation an.
- Schicht-Arbeit: die Mitarbeitenden der Schichten sollten sich nicht direkt begegnen. Planen Sie Pausen zwischen den Schichten ein. Falls Übergaben erforderlich sind organisieren Sie diese so, dass kein direkter Kontakt entsteht z.B. per Telefon in getrennten Räumen oder Whiteboard, an denen die Informationen für die nächste Schicht geschrieben sind.
- Aufsplittung der Teams in feste Arbeitsgruppen: Falls es doch zu einer Infektion in einem Team kommt, ist das zweite noch einsatzfähig. Das heißt: jeder arbeitet fest in einem Team. Manche Organisationen gehen soweit, dass sie derzeit ein Not-Ersatzteam in den „Zwangsurlaub“ geschickt haben, welches im Notfall die Produktion aufrechterhalten kann.
- Arbeitsplätze: möglichst viel Abstand (1,5 bis 2 m) schaffen und die interne Kommunikation über Telefon oder elektronisch (Mail) vornehmen.
- Büros: möglichst nur 1 Person im Büro, wer kann macht Homeoffice und arbeitet Remote. Das bringt große Herausforderungen mit sich für den Einzelnen, das Team und der Führungskraft, insbesondere was die interne Kommunikation angeht.
- Tipp: perspect bietet in Kürze dazu Webinare an mit Schwerpunkten: virtuelle Meetings und Trainings, digitale Kommunikation
- Pausen: Sozialräume nicht mehr gemeinsam nutzen, Kantine schließen. Das Essen oder die Verpflegung sollte jeder selbst mitbringen und die Pause am Büro-Arbeitsplatz machen.
- Raucherecken: nur einzeln zum Rauchen gehen.
- Stellvertreterregelungen in der Wissenskommunikation beachten, jeder kann krank werden!
- Interne Kommunikation und Erreichbarkeiten regeln: wer ist für was zuständig, wann tauschen wir uns wie aus? Diese Veränderung erfordert von Allen größte Zuverlässigkeit aber auch die Bereitschaft und das Können, sich auf elektronischen Wegen auszutauschen (siehe dazu den vorherigen Tipp).
- Auditieren /Inspektionen: wenn möglich Remote durchführen. Dazu können mit dem Handy Bilder oder Videosequenzen von den Unterlagen oder Abläufen als dokumentierte Information gemacht werden, die dann dem Auditor sofort geschickt werden. Befragungen gehen auch per Telefon oder anderen elektronischen Kanälen (siehe dazu obigen Tipp).
- Menschenansammlungen auf dem Arbeitsweg vermeiden: wo möglich auf volle öffentliche Verkehrsmittel verzichten und auf Rad oder privat-PKW umsteigen. Hände und Materialien vor dem Betreten des Unternehmens reinigen /desinfizieren nicht vergessen.
Wichtig an der Stelle ist auch die Beachtung der rechtlichen Situation:
- Laut Arbeitsrecht hat der Arbeitgeber das Recht, die Sonderregelung des Homeoffice zu erlauben, also dass der Arbeitnehmer von daheim arbeiten darf. Es besteht kein genereller dauerhafter Anspruch.
- Auch ist der Arbeitnehmer allein dafür zuständig, dass er pünktlich am Arbeitsplatz ist.
- Wer nicht krank(geschrieben) ist, muss arbeiten.
Ich freue mich auf Ihre Ideen und Maßnahmen. Wie gehen Sie mit den Herausforderungen durch COVID-19 im betrieblichen Kontext um?
Fazit
Es gibt viele Möglichkeiten im Kontext der Arbeit die Neuerkrankungsrate in der Bevölkerung zu verringern. Dabei ist es wichtig, dass gemeinsam mit den Beschäftigten gute und umsetzbare Maßnahmen ergriffen werden.
Wir von perspect sind mit unserem Team bei vielen Unternehmen beratend tätig. Oft starten wir mit der Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen entsprechend der Forderungen im Arbeitsschutzgesetz. Themen, die dabei fast immer als belastend empfunden werden, sind die interne Kommunikation und eine mitarbeitermotivierende Arbeitsorganisation.
Die Verfasserin dieser Tipps ist Gesundheitswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Betriebliches Gesundheitsmanagement und leitenden Auditorin für Qualitätsmanagement ISO 9001